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Im Pott blühen „Naschorte“ auf: Das sind die Essener Oasen

Essen-Katernberg. Das Projekt „Schlaraffenband Ruhr“ füllt sich mit Leben. Auch in Essen eröffnen immer mehr Oasen zum Ausruhen und Naschen. Wo sie zu finden sind.

Die Hochbeete locken mit essbaren Blüten, Wildkräutern, Beeren und wildem Gemüse zum Ausprobieren. Nicht nur wohlschmeckend, sonst oft auch gesundheitsfördernd. Bei Erkältungen ist zum Beispiel „Gundermann“ angesagt. Spitzwegerich hat beruhigende und entzündungshemmende Eigenschaften. Wie wäre es mit den würzigen Blüten der Kapuzinerkresse auf der Stulle? Oder erfrischender Minze im Getränk?

Das gemeinnützige evangelische Sozialunternehmen „Neue Insel“ freut sich, den bereits 2023 eingeweihten „Naschort“ im Naturgarten Bonnekamphöhe nach einer durch Bauarbeiten bedingten „Auszeit“ wiedereröffnen zu können. Direkt am Ruhrtal-Radweg gelegen.

Die Idee einer „essbaren Stadt“ soll sichtbar werden

Im Vorfeld der Internationalen Gartenausstellung 2027 kam den Ernährungsräten in Bochum, Dortmund und Essen nämlich die erfrischende Idee vom „Schlaraffenband Ruhr“. Entlang wichtiger Fahrradstrecken wie Emscher-Radweg, dem zukünftigen RS1 oder eben dem Ruhrtal-Radweg sollen alle fünf bis zehn Kilometer sogenannte „Naschorte“ aufblühen. Denn wo könnte die Idee einer „essbaren Stadt“ besser sichtbar gemacht werden? Barbara Schormann-Lang vom Ernährungsrat Essen sagt das so: „Der Pott ist grün. Und wir wollen den Pott zusammenbringen.“

Wie Perlen auf einer Schnur aufgefädelt werden kleine Oasen entstehen, wo ausgeruht, geschaut, gestaunt und genascht werden kann. In Essen bereits am Spillburger Wehr und in Katernberg, kommendes Jahr auch in Heisingen. Und bald auch in anderen Stadtteilen. Schilder und QR-Codes erklären, was es da zu naschen gibt. Es gibt frisches Trinkwasser. Hölzerne Bänke und Tische laden zum Verweilen ein.

Schilder weisen den Weg zum Naschort „Neue Insel“. Hier wie an den anderen Stellen im Stadtgebiet soll das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung gefördert werden.
Schilder weisen den Weg zum Naschort „Neue Insel“. Hier wie an den anderen Stellen im Stadtgebiet soll das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung gefördert werden.

Hölzerne Bänke und Tische laden zum Verweilen ein

Am 14. Juni wurde in Katernberg der zweite Essener Naschort (wieder)eröffnet. Im gut drei Hektar großen „Gemeinschaftsgarten Bonnekamphöhe“ wurden Apfelbäume und viele Beerensträucher wie Heidelbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren angepflanzt. Samstags ist dort das Gartencafé „Bunte Beete“ geöffnet mit deftigen und süßen Leckereien aus dem Ernteangebot der Felder.

Neue Insel-Geschäftsführer Matthias Jacobstroer ist doch sehr stolz: „Hier entstand der erste Naschort überhaupt. Es werden noch ganz viele folgen, aber es bleibt der Erste im Ruhrgebiet.“ Das Ensemble biete bereits die Veranstaltungshalle „Flusswerk“, in den kommenden Jahren sollen noch das Fahrradhostel „Velostel“ und das Restaurant „Spille“ Einzug halten.

Das Wrack der „Moornixe“ ist Mahnmal des Klimawandels

Auf der Biergartenterrasse findet sich auch das Wrack der „Moornixe“. Als „Baldeney“ 1933 das erste Schiff der Weissen Flotte auf dem Baldeneysee. Durch das verheerende Hochwasser 2021 ins Kahlenbergwehr gezogen und dabei stark beschädigt. Das Schiff dient nun als Mahnmal des Klimawandels. Direkt daneben locken die Hochbeete zum Naschen. Und so findet Jacobstroer: „Der Ort lädt ein zum Verweilen und fördert das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung, Bewegung und die Bewahrung von Gottes Schöpfung.“

Was Pfarrer Steffen Hunder auf den Plan ruft. Er freue sich über den Naschort und die inseleigene Kapelle für Trauungen und Taufen. Hunder zitiert eine Seligpreisung der bayerischen Landjugend zur Bewahrung der Schöpfung: „Selig sind die, die nicht gewaltsam die Umwelt ausbeuten. Sie erben jedes Jahr neu das Land voller paradiesischer Gaben.“ Eine Pause: „Wie wir hier sehen können.“

Einladung zum Genießen: Die Kräuter in den Hochbeeten sind nicht nur zum Anschauen da, sondern sollen gegessen werden.

Von Seiten der BV nimmt die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Irmgard Krusenbaum an der Neueröffnung teil. Sie ist zugleich aktiv hier am Naschort. Was eine wesentliche Komponente sei im Projekt, betont Barbara Schormann-Lang vom Ernährungsrat Essen. Denn man helfe zwar gern. Für Aufbau, Hege und Pflege seien aber Freiwillige gefragt, zum Beispiel Anwohner.

Gemeinsamer Auftritt

Das „Schlaraffenband Ruhr“ ist ein gemeinsamer Auftritt der Ernährungsräte Bochum, Dortmund und Essen. Näheres ist auf schlaraffenband.de zu erfahren. Wer nun selbst Appetit bekommen hat und in seinem Stadtteil einen Naschort aufbauen möchte, der kann sich per E-Mail an info@schlaraffenband.de bewerben.

Die Ehrenamtlichen unterstützen mit ihrem Knowhow und erklären, wo man die Genehmigungen beantragt, wo Fördermittel zu bekommen sind. Wie man den Naschort am besten aufbaut. Zu beachten sind auch die geschützten Namensrechte und eine Charta.
Endlich gehe der Dornröschenschlaf zu Ende. Nun sei dieser Naschort wieder der Öffentlichkeit zugänglich: „Unser Herz blutet für diese Projekt.“ Als sinnliches Bildungsangebot, das Spaß macht und schmeckt. Praktisches Beispiel? Sie wisse nun: „Giersch vertreibe ich nicht mehr aus meinem Garten, ich esse ihn.“ Ist nämlich total gesund.

Das nächste Projekt entsteht am Baldeneysee in Essen

Es gebe aktuell vier Naschorte, zwei in Dortmund und zwei in Essen, bald komme in Bochum einer dazu: „Es werden noch viele kleinere und größere entstehen.“ Die dann auf Erfahrungswerte aufbauen könnten, lächelt Schormann-Lang: „Es sind anfangs Fehler gemacht worden. Das werden wir zukünftig durch eine Fachberatung vermeiden. Die Natur lässt sich nun mal nicht in ein Schema packen. Hier zum Beispiel sind einige Pflanzen offenbar in ein anderes Beet ‚gehüpft‘ und haben sich dort neue Freunde gesucht.“

Barbara Schormann-Lang, Ernährungsrat Essen: „Es sind anfangs Fehler gemacht worden. Das werden wir zukünftig durch eine Fachberatung vermeiden. Die Natur lässt sich nun mal nicht in ein Schema packen.“

Ursula Podeswa berichtet vom kommenden Projekt am Baldeneysee. Der Naschort am Heisinger Anleger der Weissen Flotte werde ein Gemeinschaftsprojekt des Ernährungsrates Essen, der Bürgerschaft Heisingen, der Bezirksvertretung 8 sowie von Grün und Gruga. Podeswa lädt unter dem Motto „Heisingen blüht“ ein: „Am Dienstag, 16. September, findet um 19 Uhr im evangelischen Gemeindezentrum eine Infoveranstaltung zu Baumbeeten in Heisingen und zum neuen Naschort statt.“ Interessierte und potenzielle Mitgärtner seien herzlich willkommen.

WAZ Essen, 18.7.2025

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